Dating in the 20s

 23.02.2019

Mein lieber Søren,

anhand Deiner Nachrichten heute sind mir zum Glück einige Dinge klar geworden. Es war nicht leicht für mich, weil ich Dich sehr mag, doch ich war schon verletzt bevor ich meine erste Nachricht geschrieben habe. Sie hat mich viel Überwindung und Gedankengänge - mit Abstand - gekostet. Ich fragte zuerst meinen Papa, wann man weiß, ob ein Feedback über Verhalten angebracht ist oder wann man es lieber in sein Tagebuch schreibt. Er sagte, am besten wenn es jemand hören möchte .Da du mich am Samstag verabschiedet hast und Dich nicht mehr gemeldet hast, wusste ich dass Du also keine wolltest. Also dachte ich weiter nach. Wie ich mich fühlte, was ich über mein Befinden und meine Seele weiß. Ich war bereits dank deines Abstands so weit zu wissen, dass Du mir nicht gut tust, da Du dich nicht mehr bei mir gemeldet hattest (was mir bereits Samstag klar wurde - allerdings konnte ich dafür keine Gründe erkennen, nicht in unserer gemeinsamen Zeit. Zweit Möglichkeiten: Du magst mich einfach nicht oder Du hast ein Problem mit dir selbst - das wusste ich ja zum Glück bereits).

Also beschloss ich, dass anstatt dir mitzuteilen was ich alles darüber denke und wie ich mich fühle, Dir mitzuteilen zu welchem rationalen Schluss ich gekommen bin, denn ich denke insbesondere nach so kurzer Zeit ist es unangebracht jedem Menschen sofort seine Ansichten darzulegen, denn ich bedenke dabei, dass ich nur einen  ganz kleinen Teil von Dir gesehen habe und damit keinerlei Recht habe dich mit meiner Gedankenlage zu belasten. Und zu guter Letzt war es der einzige Weg zu wissen, ob du ein Feedback möchtest oder nicht. Dahingehend war deine Antwort wie auch deine Verhalten bei unseren zwei Treffen ambivalent. Ambivalenz ein Verhalten, mit dem ich schwerlich umgehen kann, da auch dieses wie jedes andere natürlich ein Spiegel der Seele ist und die innere Zerrissenheit widerspiegelt, welche du in dir trägst. Einerseits weißt du um deine Verkorkstheit und Probleme, andererseits schaffst du es nicht im Leben einen integeren Weg zu finden damit umzugehen. Du schreibst, dass du nach einer "zwanglosen Bekanntschaft" gesucht hast. Diese Wortwahl wirft in mir einige Fragen auf. Das Wort "zwanglos" ist per Definition intrinsisch darauf ausgelegt von "Zwängen befreit" zu sein.

Was jedoch darauf folgte, fühlte sich für mich genau gegenteilig an. Nach dem ersten Treffen schreibst du jeden Tag, zeigst Interesse, möchtest mich baldmöglichst wiedersehen, da wir uns gut verstanden haben, immerhin haben wir "aus Versehen" 2 Tage am Stück verbracht. Nach dem zweiten Treffen sagst du mich und meldest dich nicht mehr. Das sieht für mich nach Zwang zur Zwanglosigkeit aus. Für mich beinhaltet das Wort vor allem Offenheit. Freiheit. Unwissend was kommt frei für einen Flirt, frei für einen Kuss, frei für eine Affäre, frei für eine Beziehung, frei für eine Freundschaft, frei für die große Liebe, frei für eine Seelenverwandtschaft, frei für einen kurzen Drink, frei für drei Nächte durchmachen, frei für Unterhaltungen, frei für eine einzigartige Begegnung, frei für Magie oder auch frei für gar nichts. Du kannst diese Liste endlos fortführen und das Wort "frei" auch durch "offen" ersetzen. Zwanglos bedeutet für mich genau das. Alles kann, nichts muss. Wenn ich allerdings schon eine Definition im Kopf habe, was zwanglos bedeutet, dann wird es limitiert (Zeitrahmen, Tiefe der Beziehung etc.) und wird seiner Wortbedeutung beraubt. Schlichtweg passiert das Gegenteil. Es wir ein Zwang daraus gemacht. Bloß nicht zu oft sehen, sonst findet man sich noch richtig gut oder könnte vielleicht sogar etwas wie menschliche Gefühle entwickeln. Für mich sind dies die größten Irrtümer und Paradoxen der Menschheit und sie rühren immer aus der gleichen Quelle: ANGST. Es ist immer diese Quelle. Die Angst vor Verletzung, die Angst vor Entblößung, die Angst vor der Liebe.

Ich glaube einer der größten Irrglauben des Menschen besteht darin immer zu glauben sich sehr gut zu kennen, sehr reflektiert zu sein und damit einen Teil seiner Seele unbewusst aus Unwissenheit, Arroganz, Angst vor dem Wissen der Liebe der Erkenntnis der anderen zu verschließen. Selbstschutz. Der größte Schmerz resultiert aus der Kritik, der Wahrnehmung der Menschen um uns herum. Sie kann uns mit einer unwahrscheinlichen Härte treffen, in das tiefste Loch katapultieren. Nichts kann einen solchen Schmerz verursachen. Es kann sich ungerecht oder falsch anfühlen, das ist der natürliche Abwehrmechanismus, um uns selbst vor Verletzungen zu bewahren, doch er rührt aus der Angst und dient nicht zur Selbsterkenntnis, sondern festigt nur unser von uns eigens geformtes Selbstbild. Unsere eigene Identität, kann uns doch niemand verletzen, sondern nur wir selbst. Ist doch alles im Außen nur der Spiegel unserer Selbst. 

Und welcher Mensch würde schon gern seine Identität mit dem Selbst freiwillig der Verletzung aussetzen? Wahrscheinlich niemand. Doch um wahrhaftig zur Selbsterkenntnis zu kommen, braucht es immer und immer wieder Einflüsse, die die Mauern unserer selbst errichteten Identität ins Wanken bringen. Nur so können wir lernen. Nur so können wir zu der Person finden, die wir sein wollen, die wir sind und immer waren - indem wir uns immer und immer wieder in die Höhle des Löwen begeben, den Menschen unsere Herzen öffnen, ihnen zeigen, dass wir verletzlich sind, dass wir veränderbar sind, unser Leben lang. Nur wenn man wirklich über sich lernen will und glücklich sein möchte, wird man es wagen dieses Fenster zur Seele für andere zu öffnen. Es ist eine Frage der persönlichen Kosten- Nutzen-Rechnung. Möchte ich lieber an dem festhalten, was ich glaube über mich zu wissen, zu kennen oder möchte ich eine ehrliche Auseinandersetzung mit mir selbst, meinem Leben um einen Weg zum Glück mit mir selbst zu finden, auch wenn diese große Schmerzen bedeuten kann?

So ich bin abgeschweift, leicht. Was egal ist, weil der Brief dich nie erreichen wird. Natürlich schaffe ich es mal wieder nicht einen kohärenten Brief zu verfassen.

Wenn man sich einmal das Prinzip der menschlichen Wahrnehmung bewusst macht, wird man zwangsläufig damit konfrontiert, dass auch die eigene über einen selbst nur ein Bruchteil, von dem ist, was wir wirklich sind oder es nur ein Weg ist uns zu betrachten, eine Perspektive und wir viele andere Facetten dabei gar nicht wahrnehmen können über uns selbst. Es heißt immer wir können erst lieben, wenn wir uns selbst lieben. Es klingt banal und so abgedroschen, doch in Wirklichkeit ist es die schwerste Aufgabe unseres Lebens, denn wir können uns nur selbst lieben, wenn wir in der Lage sind uns selbst anzunehmen, mit allem was uns ausmacht und das besteht aus weitaus mehr als unser eigenes Selbstbild, welches wir uns so hart erkämpft und erarbeitet haben.

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